Vertriebs-und Marketingberatung
Verkaufsgespräche

Warum sagt der eigentlich Du zu mir?

oder über das Scheitern telefonisch geführter Verkaufsgespräche.

Was ist passiert? Also letzte
Woche erhielt ich einen Anruf der offensichtlich den Verkauf einer Dienstleistung zum Ziel hatte. Als altgedienter Verkaufstrainer wimmele ich Anrufe dieser Art für gewöhnlich nicht  ab – im Gegenteil verdient bei mir jeder, der in die Hölle der Kaltakquise hinabsteigt, den größten Respekt.
Gerade in der heutigen Zeit in der es heißt, die Menschen würden nicht mehr so gernemiteinander sprechen.
Viel lieber würden die sich über achtlos ins Smartphone reingetippselte und orthografisch immer grenzwertigeren Buchstabensalat austauschen?!
Aber das nur am Rande. Mein Anrufer jedenfalls ließ sich aufgrund seiner jugendlich unbeschwerten Stimme zweifelsfrei als Mitglied der Generation Z identifizieren. Somit lag es nahe, der  inneren Stimme zu folgen die da riet: „Hör genau hin – jetzt hast du die einmalige Chance, zeitgemäße Verkaufsrhetorik kennenzulernen.
Allerdings konnte ich mich nicht richtig auf das Zuhören konzentrieren, denn die junge Stimme sagte ständig Peter zu mir, was mich irgendwie irritierte. Nein, nicht was Sie jetzt möglicherweise denken. Peter ist tatsächlich mein Vorname und von daher ist auch alles gut. Der Grund meiner Irritation war schlichtweg dieses DU, für mich als Boomer im Verkauf und bei Menschen, die ich überhaupt nicht kenne, eher ungewohnt. Mein Beziehungsohr (vgl.Schulz von Thun) war total gestört und fragte ständig:
„Warum sagt der eigentlich DU zu dir“?
Eine durchaus berechtigte Frage, denn der Anrufer war mir tatsächlich unbekannt und Brüderschaft trinken war aus gegebenem Anlass nicht möglich.

Nun ist es ja so, dass die Mitglieder der jüngeren Generation zwischenzeitlich eine, mit ordentlich Anglizismen gespickte, Sprache in der Geschäftswelt eingeführt haben. Und es sieht so aus, dass sich jeder, der besonders fortschrittlich wirken will diese Sprache bedient. Da liegt es quasi auf der Hand, dass man die im Angelsächsischen übliche Anrede „you“ einfach eins zu eins in Deutschland, durch  das „du“ ersetzt. Das ist dann noch mal ein bisschen fortschrittlicher.
Bis hierhin logisch – nur ist es jetzt so, dass die meisten von uns öfters geschäftlich in Deutschland mit deutschen Geschäftspartnern zu tun haben, Verkaufsgespräche. Und hier ist nun mal die Amtssprache Deutsch. Und viele von uns sind auch nicht mehr so jung, dass sie sich noch an ihr  Englisch-Abi erinnern oder frohen Mutes aus dem angelsächsischen Kulturkreis importierte Umgangsformen im Kopf aushalten – deutsche Leute halt eben.
Verkaufsgespräche benötigte professionell Distanz. Diese wird hier bei uns in Deutschland durch die Anrede „Sie“ dargestellt. Obwohl das „Sie“ in der englischen Sprache nicht vorkommt, legen die Engländer  großen  Wert auf professionelle Distanz. Und das bekommen sie auch ganz gut hin,auch ohne „Sie“.
Sollte bei uns hingegen das „Sie“ aufgrund der Hinwendung zum federleicht jugendlichen denglisch Gebrabbel wegfallen, würde auch die für Verkaufsgespräche so hilfreiche Distanz wegfallen und wie in meinem Fall – letztlich auch der Boomer-Kunde.
Grund: der Wohlfühlfaktor bei diesem DU-lastigen Telefonats hielt sich in Grenzen, die Gesprächs-atmosphäre war für mich alles andere als angenehm.
Es trat also das ein, vor dem ich in meinen Seminaren immer warne: „Eine nichtvorhandene oder gestörte Beziehungsebene erschwert den Zugang zur Sachebeneoder macht diesen in den meisten Fällen sogar unmöglich.

So war es auch bei mir. Da mein Beziehungsohr und ich mit der Ursachenforschung für die Duzerei  beschäftigt waren,  konnte  ich den Ausführungen desKalt-Akquisiteurs auch nicht mehr folgen. Ich fühlte mich regelrecht vor den Kopf gestoßen und kann mich tatsächlich auch nicht mehr daran erinnern, was   eigentlich verkauft werden sollte.